Inklusion am Arbeitsplatz
Inklusion am Arbeitsplatz ist für die 10,4 Millionen Menschen mit Behinderung, darunter 7,6 Millionen mit Schwerbehinderung, in Deutschland entscheidend. Das zeigt sich am Inklusionsbarometer 2024. Demnach haben sich die Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt im Vergleich zum Vorjahr verschlechtert. Die Arbeitslosenquote liegt bei 11 Prozent und Arbeitslose mit Behinderung müssen im Schnitt etwa 96 Tage länger nach einer Beschäftigung suchen als Menschen ohne Behinderung. Dadurch bleibt viel wertvolles Potenzial ungenutzt.
Was bedeutet Inklusion am Arbeitsplatz?
Vielfalt und Inklusion am Arbeitsplatz bedeuten, dass alle Menschen – unabhängig von individuellen Einschränkungen – gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Dieser Gedanke gilt auch bei Inklusion in der Arbeitswelt: Inklusive Arbeitsplätze sind so gestaltet, dass niemand ausgeschlossen wird – weder durch bauliche Barrieren noch durch Vorurteile oder starre Arbeitsstrukturen.
Behinderung wird dabei oft nur mit sichtbaren Einschränkungen assoziiert. Tatsächlich entstehen viele Behinderungen erst durch das Zusammenspiel individueller Voraussetzungen mit gesellschaftlichen und umweltbedingten Barrieren. Inklusion zielt deshalb darauf ab, genau diese Barrieren abzubauen und die Umwelt so zu gestalten, dass Teilhabe für alle möglich ist – nicht der Mensch muss sich anpassen, sondern die Bedingungen.
Im Jahr 2006 wurde Inklusion als tragender Grundsatz in die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) aufgenommen. Artikel 27 der UN-BRK betont das Recht von Menschen mit Behinderung auf Arbeit in einem offenen, integrativen und zugänglichen Arbeitsmarkt. Dennoch stehen viele Betroffene im Berufsleben vor Herausforderungen. Der Bedarf an Unterstützung ist dabei stets individuell. Inklusive Arbeitsplätze müssen diesen unterschiedlichen Anforderungen gerecht werden – sei es durch technische Hilfsmittel, flexible Arbeitszeiten oder eine inklusive Unternehmenskultur.
Worum geht es in der UN-BRK?
Die UN-BRK schafft keine Sonderrechte, sondern spezifiziert allgemeine Menschenrechte im Hinblick auf Menschen mit Behinderung. In der Konvention wird klargestellt, dass Teilhabe von Menschen mit Behinderung nicht als Akt der Fürsorge zu verstehen ist, sondern ein grundlegendes Menschenrecht darstellt. Die Teilhabe betrifft dabei alle Lebensbereiche – von Mobilität über Bildung bis hin zu Inklusion im Betrieb und Beschäftigung.
Wie gestalte ich Arbeitsplätze barrierefrei?
Im Arbeitsalltag können Menschen mit Behinderung auf räumliche Barrieren treffen. Hierbei handelt es sich beispielsweise um Treppen, Schwellen, enge Flure, Türen oder Möblierung. Diese Barrieren können reduziert werden, um inklusives Arbeiten zu ermöglichen. Dies geschieht, indem zum Beispiel Rampen und Fahrstühle installiert werden und ein rutschfester Bodenbelag verlegt wird. Die Flure sollten breit genug sein, sodass zwei Rollstühle nebeneinander Platz finden. Auch der Außenbereich des Betriebes kann durch Parkplätze für Menschen mit Behinderung barrierefrei gestaltet werden. Die Sanitäranlagen im Gebäude sollten rollstuhlgerecht eingerichtet und barrierefrei zugänglich sein, um eine uneingeschränkte Nutzung für Arbeitnehmer:innen mit Behinderung zu gewährleisten. Um optische Barrieren zu reduzieren, sollte in den Gebäuden auf ausreichend Beleuchtung geachtet werden. Darüber hinaus können einheitliche farbliche Signale Menschen mit Behinderung den Arbeitsalltag erleichtern. Auch die Lesbarkeit von Schrift ist ein wichtiger Faktor: Klare und gut lesbare Schriftarten unterstützen die visuelle Orientierung. Zusätzlich können technische Hilfsmittel wie Bildschirmvergrößerungen, Sprachcomputer oder Braillezeilen eingesetzt werden, um verschriftlichte Informationen für alle zugänglich zu machen. Barrierefreie Websites ermöglichen einen uneingeschränkten Zugang zu digitalen Informationen. Damit Arbeitnehmer:innen mit Hörbehinderung akustische Signale besser wahrnehmen können, sollte auf eine ausreichende Lautstärke von Hinweis- und Warnsignalen geachtet werden. Zusätzlich zu akustischen Warnsignalen sind visuelle Hinweise einzusetzen.
Auch Arbeitsintegration bei Behinderung wird durch ergonomisch angepasste Arbeitsplätze und unterstützende Technologien wie Sondertastaturen, Mausersatz oder Joysticks gefördert. Damit Vielfalt und Inklusion am Arbeitsplatz gelingen, sind kreative und individuelle Lösungen gefragt.
Was sind Beispiele für Inklusion am Arbeitsplatz?
Wer nach konkreten Beispielen für Inklusion im Betrieb sucht, findet sie etwa in der Küche einer Behindertenwerkstatt: Hier arbeiten Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam daran, die Mittagsverpflegung für alle Mitarbeiter:innen zu gewährleisten. Die verschiedenen Aufgaben – vom Vorbereiten der Speisen bis zum Servieren – ermöglichen Teilhabe, Verantwortung und Weiterentwicklung. Solche Modelle des inklusiven Arbeitens zeigen, wie inklusive Arbeitsplätze konkret gestaltet werden können. Wie das in der Praxis aussehen kann, erfahren Sie in unserem Ratgeber zur barrierefreien Küche.
Was ist wichtig bei der Arbeit mit Menschen mit Behinderung?
Im sozialen Umgang miteinander ist wichtig, dass Menschen mit Behinderung als gleichwertige Teammitglieder wahrgenommen werden und aktiv in den Arbeitsalltag eingebunden sind – etwa durch gemeinsame Aktivitäten oder durch gezielte Unterstützung durch Führungskräfte und Inklusionsbeauftragte. Kolleg:innen mit Behinderung sollten selbst entscheiden können, ob und wie die eigene Behinderung im Team thematisiert wird. Ein offenes Gespräch kann helfen, Missverständnisse zu vermeiden und das Team zu sensibilisieren.
Eine Inklusionsbeauftragte oder ein Inklusionsbeauftragter muss ab 20 Arbeitsplätzen durch Arbeitgeber:innen benannt werden. Sie haben die Aufgabe, Menschen mit (Schwer-)Behinderung zu vertreten und darauf zu achten, dass der Betrieb seine inklusiven Pflichten erfüllt.
Die Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung
Außerdem muss ein Betrieb, in dem mindestens fünf Menschen mit Schwerbehinderung angestellt sind, eine Schwerbehindertenvertretung einrichten.Die Vertretung wird vondenim Betrieb angestellten Mitarbeiter:innen mit Schwerbehinderung gewählt. Die Schwerbehindertenvertretung setzt sich zum Beispiel für die Interessen von Arbeitnehmer:innen mit Schwerbehinderung ein und unterstützt sie bei der Eingliederung in den Betrieb. Sie überwacht, ob bei Inklusion am Arbeitsplatz Gesetze und Vorschriften eingehalten werden und nimmt ihre Beschwerden entgegen. Darüber hinaus unterstützt die Vertretung bei Anträgen an zuständige Behörden auf die Feststellung einer Behinderung, des Grades der Behinderung sowie bei Anträgen zur Gleichstellung bei der Agentur für Arbeit. Die Schwerbehindertenvertretung nimmt außerdem beratend an Sitzungen des Betriebsrats und anderer Gremien teil.
Wie gewinne ich Fachkräfte mit Behinderung?
Aufgrund von Vorurteilen und unbewusster Diskriminierung werden im Bewerbungsprozess oftmals Menschen ohne Behinderung bevorzugt. Jedoch verfügen Menschen mit Behinderunghäufig über sehr gute Qualifikationen und können als Fachkräfte wertvolle Kompetenzen in den Arbeitsalltag einbringen. Darüber hinaus kann die Einstellung von Menschen mit Behinderung Vielfalt stärken und die Innovationskraft steigern.
Bewerber:innen gezielt ansprechen und Stellenausschreibungen inklusiv formulieren
Durch direkten Kontakt mit Menschen mit Behinderung, beispielsweise über Regel- und Förderschulen, Verbände, Kammern, Jobvermittlungen oder Berufsförderwerke, können Unternehmen gezielt geeignete Bewerber:innen ansprechen. Spezialisierte Jobbörsen bieten eine weitere Möglichkeit, potenzielle Arbeitnehmer:innen zu kontaktieren.
Um Menschen mit Behinderung zu gewinnen, sollten Arbeitgeber:innen ihre Stellenausschreibungen glaubwürdig gestalten. In der Ausschreibung kann deutlich gemacht werden, dass Inklusion und Barrierefreiheit im Betrieb eine wichtige Rolle spielen. Die Formulierungen in der Ausschreibung sollten dabei einladend und diverssein, damit sich niemand ausgeschlossen fühlt. Wenn es im Betrieb eine Schwerbehindertenvertretung gibt, kann diese als Kontakt für Rückfragen bereits in der Stellenausschreibung aufgeführt werden. Auf einigen Jobportalen gibt es keine Suchfunktion, um sich gezielt Stellenangebote für Menschen mit Behinderung anzeigen zu lassen. Um dies zu umgehen, bietet es sich an, Stellenanzeigen gezielt für Menschen mit Behinderung einzustellen.
Bewerbungsgespräche inklusiv gestalten und Einstieg gezielt unterstützen
In der Planung eines Bewerbungsgesprächs sind die individuellen Voraussetzungen der Bewerber:innen zu berücksichtigen, damit niemand benachteiligt wird. So sollte zum Beispiel darauf geachtet werden, dass das Gespräch in einem barrierefreien Raum stattfindet. Während des Gesprächs sollten fachliche Themen klar im Fokus stehen, denn Qualifikationen und Erfahrungen sowie die Persönlichkeit sollten stets entscheidend für die Einstellung neuer Mitarbeiter:innen sein. Ist bekannt, dass die Bewerberin/der Bewerber eine Schwerbehinderung hat, sollte die Schwerbehindertenvertretung im Bewerbungsgespräch anwesend sein. Grundsätzlich gilt aber: Der Betrieb darf nicht nach einer (Schwer-)Behinderung fragen, es sei denn, bestimmte körperliche und/oder kognitive Fähigkeiten sind Voraussetzung für die Ausübung der Tätigkeit.
Damit sich neue Arbeitnehmer:innen mit Behinderung gut einleben, sollten frühzeitig Fragen zu Unterstützungsbedarfen, Hilfsmitteln und Kommunikation geklärt werden. Feste Ansprechpersonen und der Kontakt zur Schwerbehindertenvertretung erleichtern den Einstieg.
Was sind Beispiele für Inklusion am Arbeitsplatz?
Wer nach konkreten Beispielen für Inklusion im Betrieb sucht, findet sie etwa in der Küche einer Behindertenwerkstatt: Hier arbeiten Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam daran, die Mittagsverpflegung für alle Mitarbeiter:innen zu gewährleisten. Die verschiedenen Aufgaben – vom Vorbereiten der Speisen bis zum Servieren – ermöglichen Teilhabe, Verantwortung und Weiterentwicklung. Solche Modelle des inklusiven Arbeitens zeigen, wie inklusive Arbeitsplätze konkret gestaltet werden können. Wie das in der Praxis aussehen kann, erfahren Sie in unserem Ratgeber zur barrierefreien Küche.
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§17 Absatz 1 und 2 SchwbAV
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§18 Neuntes Sozialgesetzbuch – SGB IX
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§177 Neuntes Sozialgesetzbuch – SGB IX
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